BERLIN - Nach der Bundestagswahl ist für den Studierendenverband „Die Linke.SDS“ vor dem Aufstand. Die linke Studentengruppe startet morgen an der Freien Universität (FU) Berlin einen dreitägigen Kongress mit Gewerkschaftsmitgliedern, Bildungsstreik-Aktivisten und Globalisierungskritikern. Die knapp 600 Teilnehmer geben im Henry-Ford-Bau der FU das Motto aus: „Make Capitalism History“.
„Heute hat sich der Neoliberalismus in allen Hochschulinstituten festgesetzt“, meint zum Beispiel Ole Vincent Guinand, einer der Organisatoren des Kongresses. Neoliberale Theorien beherrschten nicht nur die Geistes- und Sozialwissenschaften, es würden auch naturwissenschaftliche Lehrstühle von Unternehmen mitfinanziert. „Eine solche Verknüpfung ist auf jeden Fall ein Hindernis für freie Wissenschaften.“
Nicht nur Bildungsthemen, die schon Schüler und Studenten beim Bildungsstreik im Juni umtrieben, spielen ab morgen früh, 10 Uhr, eine Rolle. Guinand und seine Mitstreiter wollen auch wissen, warum Demokratie oft am Betriebstor endet. Als Alternative zum herkömmlichen kapitalistischen System könne man zum Beispiel die Theorien des in Manchester lehrenden Ökonomen Pat Devine diskutieren. Er denkt über die Möglichkeit einer sogenannten „solidarischen Ökonomie“ nach und wird sich am Sonnabend ab 15 Uhr in die Debatte einmischen. Unterstützt wird er von Gewerkschaftsvertretern wie Dierk Hirsche, Chef-Ökonom des DGB, und GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller.
Auch Umweltfragen spielen eine Rolle. Elmar Altvater, ehemaliger Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der FU, und Sven Giegold, Europaparlamentarier von Bündnis 90/ Die Grünen, überlegen, ob ein „Grüner Pakt“ einen Ausweg aus der derzeitigen Wirtschaftskrise bieten könnte.
Zu weiteren Themen wie Grundeinkommen, Mitarbeiterbeteiligung und gewerkschaftlicher Erneuerung äußern sich prominente Referenten wie die Inderin Meena Menon, die das Welt Sozial Forum mit vorbereitet, oder der Schriftsteller Dietmar Dath.
Friederike Benda, Geschäftsführerin von Die Linke.SDS, ist sicher, dass all diese Themen bald viele Menschen bewegen werden. Die Linke.SDS erwartet nämlich nach der Bundestagswahl das Ende eines „informellen Stillhalteabkommens“ zwischen Politik und Wirtschaft. (Von Rüdiger Braun)